Schutzwirkung: Parabol

Belluard Bollwerk, es ist stockdunkel hier drin. Etwas knallt bedrohlich auf den Boden, immer näher – kein Schlagstock, nur ein Blindenstock, der sich durchs Publikum tastet. Nichts zu sehen. Wir sind blind, aber natürlich nur für einen theatralen Moment. Das Licht kommt zurück, als Schimmer zunächst, als philosophische Indistinktion. Oscar hat sein Augenlicht ganz verloren, in den Aufständen in Chile, eine Petarde landete mitten in seinem Gesicht. Ébana Garín Coronel und Luis Guenel geben ihm in einem Kurzstück eine Stimme und eine zärtliche Präsenz. Tränengas ist nur ein Wort, aber nun liegt er da, er wird gepflegt, er wird in Sicherheit gebracht. Wir werden Teil des Chaos auf den Strassen von Santiago.

Ein stilles, heftiges Stück Theater ist das. Die Wut bleibt buchstäblich zwischen den Zeilen. Die im Raum hängenden Parabolspiegel machen sich gut als Installation und als wahrnehmumngstheoretische Metapher: Ohren, Augen – für welche Wellenlängen, für welche Nachrichten? Wir wissen da aber längst, dass sie in den Protesten abmontiert und als Schutzschilde zweckentfremdet wurden. Und dann, zum Ende hin, zieht sich Guenel Handschuhe an und nimmt einen Hammer und gibt der Wut Raum. Wir hören Treffer und spüren etwas vom prekären Schutz, in privilegierter Distanz im Zuschauerraum. Dann ist Schluss, die Schilde schaukeln noch ein wenig nach. Poesie und Melancholie des Widerstands.

Mutilados en Democracia, noch heute und morgen Samstag abend in den Studios des Belluard-Festivalzentrums.