Where are we? Langenthal

Ich glaube wir brauchen neue Metaphern. Kunst als Seismograph? Es geht nicht mehr um Erschütterungen, die Krisen und Verwerfungen sind von zusehends chronischer Natur. Plattentektonik ohne Entlastungsbrüche – oder andersherum: ein anhaltendes Beben, das zum Grundton wird. Also, neue Sensorik – vielleicht passen GPS-Geräte (aka Mobiltelefone) ganz gut, wie sie Levi Gehriger im ganzen Kunsthaus Langenthal verteilt hat, kokett in vorhandene Steckdosen eingestöpselt und auf den Boden oder Fenstersimse gelegt. Tippt man sie an, zeigen sie exakte Positionen, doch nicht als Orientierungshilfen fürs Hier und Jetzt, sondern als Referenzen woandershin. Man wird unversehens irgendwohin zwischen Bern und Biel verschoben. Mindmaps.

HKB-Diplomausstellung Fine Arts, 16 Glocal (De)Positioning Systems. Es sind meist suchende Arbeiten, vorsichtige Erforschungen des Terrains. Da werden Bäche abgehört und das eigene Gewicht in Blei gegossen (Stella R. K. Spinedi), da werden Postapokalypsen ästhetisiert (Nico Gehbauer), da wird LIEBE, Koks und Vodka hinter MDF und Dispersion versteckt (Nicole Müller). Aber die schönen Oberflächen sind natürlich immer ein wenig kaputt.

Fragil und verspielt auch die sehr persönliche Wunderkammer von Lina Luna Bornhauser, sehr passend ins furnierte Eckzimmer des Kunsthauses montiert. Eine grosse Wand voller emotional aufgeladener Dinge, die in seltsamste Dialoge kommen, so fein säuberlich in ihre Setzkastenkästchen versorgt. Ein Kompendium des Mittel- und Unvermittelbaren.

Noch bis am 25. Juli. Wer hingeht: Unbedingt auch noch den zusätzlichen Ausstellungsort in der Central Garage mitnehmen. Mittelstrasse, 5 Minuten vom Kunsthaus.